Waschbären unter uns: ein gefährlicher Siegeszug
Der Räuber mit der Ganovenmaske breitet sich scheinbar unaufhaltsam aus. Was müssen wir als Jäger darüber wissen und was können wir tun?
Der Waschbär, der ursprünglich aus Nordamerika stammt, hat sich mittlerweile in fast ganz Deutschland fest etabliert und ruft zwiespältige Reaktionen hervor. Einerseits fasziniert er durch seine Intelligenz und Anpassungsfähigkeit - oft wird er sogar liebevoll als "kleiner Bandit" oder "frecher Räuber" bezeichnet, doch sein tapsiges Verhalten und sein kuscheliges Aussehen täuschen über sein Konfliktpotenzial für Menschen und heimische Tierarten hinweg. Wie ist der kleine Räuber mit der „Ganovenmaske“ wirklich einzuschätzen? Was muss man über ihn wissen und welche Herausforderungen bringt seine Anwesenheit mit sich? Mehr dazu in diesem Artikel.
Herkunft und Verbreitung
Der Waschbär (Procyon lotor) ist ein aus Nordamerika stammender Kleinbär. In Deutschland hat er sich in den letzten Jahrzehnten stark ausgebreitet und gilt heute als invasive Art. Die Gesamtpopulation beruht im Wesentlichen auf zwei Ereignissen: Die Ansiedlung 1934 in Hessen am Edersee und das Entweichen aus einer Waschbärenfarm 1945 in Brandenburg nach einem Bombentreffer. Seitdem haben sich die Populationen rasant vermehrt und mehr als eine Million Waschbären durchstreifen heute deutsche Wälder und Städte.
Rechtlicher Rahmen
Der Waschbär ist in der EU-Verordnung über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten als eine solche Art gelistet, deren Ausbreitung eingedämmt werden muss. Das Bundesjagdgesetz unterstützt diese Maßnahmen durch die Hegeverpflichtung zur Erhaltung eines artenreichen, gesunden und den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten Wildbestandes. Einschränkungen der Bejagung ergeben sich aus dem Bundesjagdgesetz in der Zeit der Jungenaufzucht oder durch Schonzeiten (wie z.B. in Hessen).
Lebensraum und Verhalten
Waschbären sind sehr anpassungsfähig und besiedeln eine Vielzahl von Lebensräumen, vom Wald bis zum Siedlungsgebiet. In Städten nutzen sie häufig Dachböden, Schuppen und Garagen als Unterschlupf. Aufgrund des vielfältigen Nahrungsangebots und der zahlreichen Unterschlupfmöglichkeiten erreichen die Populationen in Städten eine deutlich höhere Dichte als die in Wäldern.
Waschbären sind hauptsächlich nachtaktive Tiere, was bedeutet, dass sie die meiste Zeit des Tages schlafen oder sich in ihren Verstecken ausruhen. Sie verlassen ihre Schlafplätze normalerweise erst bei Einbruch der Dämmerung, um nach Nahrung zu suchen. Es kann jedoch vorkommen, dass Waschbären auch tagsüber aktiv sind, besonders wenn sie gestört werden, auf Nahrungssuche sind oder wenn es sich um urbane Waschbären handelt, die an Menschen gewöhnt sind und weniger scheu sind.
Bejagung und Konfliktpotenzial
Die Ausbreitung des Waschbären hat zu erheblichen ökologischen Konflikten geführt. Als Nesträuber bedroht er Bodenbrüter wie den Kiebitz und andere geschützte Arten. Im Siedlungsbereich finden sie ideale Lebensbedingungen, die sie aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit optimal nutzen können. In der Folge richten sie teils massive Schäden an Gebäuden und in Gärten an. Zudem kann er Krankheiten wie Staupe, Tollwut, Coonhound disease oder den Waschbärspulwurm auf Haustiere oder gar den Menschen übertragen.
Die Bejagung des Waschbären ist daher ein wichtiges Mittel zur Populationskontrolle. Im Jagdjahr 2022/2023 wurden über 200.000 Waschbären erlegt, ein Rekordwert, der die Bedeutung der Jagd für die Eindämmung dieser Tierart unterstreicht. Bei den Naturschutzverbänden hingegen gehen die Meinungen zur Bejagung weit auseinander: Das Spektrum reicht von genereller Ablehnung bis hin zur Befürwortung zum lokalen Schutz bedrohter Arten.
Besonders die Fallenjagd und die Lockjagd stellen probate Mittel dar, um Waschbären effizient zu bejagen.
Nahrung und Fortpflanzung
Als Allesfresser nehmen Waschbären sowohl pflanzliche als auch tierische Nahrung zu sich. Sein Nahrungsspektrum umfasst Schnecken, Würmer, Fische, Frösche, Vögel und Eier, aber auch Nüsse und Früchte. Der Waschbär setzt seine Pfoten bei der Nahrungssuche sehr geschickt ein. Mit ihnen greifen, untersuchen und reinigen sie ihre Nahrung. Typischerweise drehen sie ihre Nahrung hin und her, um sie zu untersuchen. Der Waschbär hat einen ausgeprägten Tastsinn in den Pfoten, so dass es oft so aussieht, als ob er seine Nahrung „wäscht“. In freier Wildbahn tun sie dies oft in Gewässern, um Nahrung wie Frösche, Muscheln oder Krebse zu reinigen und zu fangen. Dieses Verhalten hat ihm den deutschen Namen "Waschbär" eingebracht.
Die Fortpflanzung beginnt im Januar oder Februar mit einer Tragzeit von etwa 63 Tagen. Die Jungen werden im Frühjahr geboren und bleiben die ersten Wochen in der Wurfhöhle. Die Weibchen bleiben oft in der Nähe des Geburtsortes
Fazit
Besonders im urbanen Bereich kommt erschwerend hinzu, dass viele Menschen die Realität der Natur und die Notwendigkeit des Wildtiermanagements nicht vollständig verstehen oder akzeptieren wollen. Diese Unwissenheit zeigt sich oft im Alltag: Anrufe bei der Feuerwehr, um Waschbären aus Bäumen zu holen, sind fast an der Tagesordnung. Zudem schaffen Fütterungen von Wildtieren Konflikte, die es vorher nicht gab, indem sie Überpopulationen, Aggressivität und Krankheitsverbreitung fördern. Hier sind wir als Jäger gefragt, unermüdlich Aufklärungsarbeit zu leisten, um die Menschen über die Bedeutung eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Natur zu informieren.